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Candice Breitz zeigt 2019 im Essener im Museum Folkwang.

© IMAGO/Funke Foto Services

Candice Breitz gegen die Akademie der Künste: Widerspruch und Vielfalt, Schlag auf Schlag

Obwohl sich die Akademie der Künste explizit für die Kunstfreiheit ausgesprochen hat, beklagt sich die jüdisch-südafrikanische Künstlerin Candice Breitz über mangelnde Solidarität. Nun antwortet die Akademie auf Brice – und spricht ihrer Präsidentin das Vertrauen aus.

Ein Kommentar von Gerrit Bartels

Es geht Schlag auf Schlag, Statement folgt auf Statement, tiefer und tiefer werden die Schützengräben des Kulturbetriebs. Vor einer Woche hatte die Akademie der Künste eine Erklärung „Zur Verteidigung der Kunstfreiheit“ verschickt. Mit dieser sprach sie sich „gegen jegliche Gesinnungsprüfung von Künstler*innen sowie gegen vorauseilende rote Linien aufgrund politischer Äußerungen“ aus: „Das Wesen und die Freiheit der Kunst sind bedroht, wenn man sie zu instrumentalisieren versucht. Die Kunstfreiheit muss jederzeit über einer ursächlich geführten Debatte stehen.“

Nun kam diese Erklärung nach den Debatten seit dem 7. Oktober recht spät und irgendwie aus dem Off. Und so gut gemeint sie gewesen ist, so allgemein und vielfältig auslegbar ist sie: Instrumentalisiert wird die Kunst ja mitunter auch von Kunstschaffenden selbst.

Serie von Absagen

Jedenfalls sah sich nach dieser Erklärung die jüdisch-südafrikanische Künstlerin Candice Breitz veranlasst, ihre Mitgliedschaft ruhen zu lassen. In einer E-Mail an die AdK-Präsidentin Jeanine Meerapfel schrieb Breitz, sie wolle von nun an als „Dissidentin“ angesehen werden, die Erklärung der AdK sei „vage“ und „zahnlos“, ihr mangele es an Solidarität „mit bestimmten Mitgliedern, deren Ausdrucks- und Meinungsfreiheit durch zynische und unberechtigte Unterstellungen unterminiert“ werde.

Der Hintergrund von Breitz’ Erregungssturm: Sie gehörte zu einer der ersten Leittragenden einer Serie von Absagen, nachdem die Bundeszentrale für politische Bildung einem von ihr und dem Historiker Michael Rothberg geplanten Symposium die Unterstützung entzogen hatte. Ende November folgte die Absage einer für 2024 geplanten Ausstellung von Breitz über Prostituierte in Südafrika im Saarbrückener Saarlandmuseum, weil Breitz sich laut Stiftung Saarländischer Kulturbesitz nicht deutlich genug vom Terror der Hamas distanziert hätte.

Natürlich hatte die Akademie der Künste diese Absagen ebenfalls vor Augen gehabt bei ihrem Einsatz für die Kunstfreiheit. Der scheint Breitz zu wenig zu sein. Auch weil sie nicht namentlich erwähnt wurde?

Nun wiederum hat sich die Akademie der Künste bemüßigt gefühlt, eine weitere Erklärung abzugeben. Mit dieser weist sie den „diffamierenden Tonfall“ von Breitz zurück, dieser sei „unangebracht“. Mit ihren über 400 Mitgliedern aus allen künstlerischen Bereichen vereine die Akademie „eine Vielfalt an Haltungen und Überzeugungen“, ihre Aufgabe sei es, „dieser widersprüchlichen Vielfalt gerecht zu werden“. 

Erstaunlich, dass sich nun das komplette Direktorium aller Sektionen namentlich hinter seine Präsidentin Jeanine Meerapfel stellt und ihr das „volle Vertrauen“ ausspricht. Das klingt, als rumore es gewaltig in der Akademie der Künste.

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