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Robbie Williams

© dpa/José Sena Goulão

Robbie Williams in Berlin: Eine Revue zum Mitleiden, zum Miterinnern, zum Mitsingen

Robbie Williams reist in der Berliner Mercedes-Benz Arena durch seine Biografie. Ein großer Abend mit Zoten und Zärtlichkeit.

„When I’m drunk I dance like me dad: I’ve started to dress a bit like him“: Diese Zeilen singt Robbie Williams in „Strong“, dabei blickt er kurz an sich selbst herab, und ein bisschen muss man da schmunzeln: Williams hat an diesem ersten von zwei Konzertabenden in der Mercedes-Benz Arena seiner über die Jahre ähnlich gebliebenen Morrissey-Matte einen Spritzer Mecki hinzugefügt, keck stehen die ergrauten Haare hinten ab und bilden einen kleinen Spoiler.

Er trägt eine große, plattierte Kette aus Metall, dazu einen ärmellosen Glitzeranzug, in dem ein römischer Legionär und ein Zauberer zusammenkommen, da, wo Haut zu sehen ist, erkennt man vor allem: sehr viele Tätowierungen.

Kurzum: Williams sieht sicher nicht so aus wie sein Vater, sondern eher so, als hätte man ihn sich ausgedacht, und das passt gut zu einer Show, in der es um alles geht, aber nicht um Realitäten. Beziehungsweise: In der aus einzelnen Show-Elementen eine neue Realität gegossen wird, die 25 Jahre Solo-Robbie feiern soll. Eine Williams-Revue zum Mitleiden, zum Miterinnern, zum Mitsingen.

Erste musikalische Schritte mit Take That

Der britische Superstar leitet uns durch die Höhe- und Tiefpunkte seiner Biografie. Er berichtet von den ersten musikalischen Schritten mit Take That, wo er der Kleinste war und der, den die anderen nicht so recht leiden konnten (wir sehen ein Standbild seines 17-jährigen Hinterns auf der Bühne).

Er erzählt, wie er die größte Boyband der Welt nicht ganz freiwillig verließ, nachdem er sich ein Wochenende lang mit einem Beutel Kokain und den Gallagher-Brüdern auf dem Glastonbury-Festival verlustiert hatte (und covert den Oasis-Hit „Don’t Look Back In Anger“).

Er erinnert sich daran, wie ihm Spice Girl Geri Halliwell Lebenstipps gab (und spielt „Eternity“, das er nach einem gemeinsamen Urlaub für sie schrieb) und würdigt ebenso zärtlich wie ausführlich sein – nicht mehr ganz – neues Leben mit Frau und vier Kindern. Kurz darauf explodieren die Konfettikanonen.

Viele Zwischenpassagen, nicht alle davon sind leise. Denn wenn Williams eines geblieben ist, dann ist das der Quatschkopf, der mit dem Publikum verbales Ping-Pong spielt.

Einer jungen Dame in der ersten Reihe schmeichelt er mit erstaunlicher Ausdauer; nimmt ihre Hand, widmet ihr einen Song. Eine andere, die während des leider nur kurz angespielten Take-That-Hauers „Could It Be Magic“ auf die Toilette muss oder einen Drink holen geht, auf jeden Fall verlässt sie ihren Sitzplatz, bekommt von ihm immer wieder zärtliche Spitzen mitgegeben. Dazwischen: Covidwitze, Peniswitze, Powitze, Tittenwitze.

Ist das zotig? Auf jeden Fall, aber man verzeiht’s Williams. Zunächst auf einer persönlichen Ebene: So smart auf ihre Essenz reduziert erzählte lange keiner mehr die Geschichte vom bösen Buben und seiner Läuterung, von den ewigen Versuchungen des Rock’n’Roll und der Heilkraft der Liebe. Beglückend ist die Show aber auch, weil ihr Besteck sich wohltuend von dem anderer kontemporärer Superstars unterscheidet.

Williams mag seine Texte schon seit Jahren vom Teleprompter ablesen. Statt in Technik investiert er aber in erster Linie in Personal: Eine gut eingespielte Band, Blechbläser für das Vegas-Gefühl, Sängerinnen, Tänzerinnen; an die 20 Personen stehen auf der Bühne und geben alles dafür, dass der Williams-Songtitel „Let Me Entertain You“ Wirklichkeit wird. Das Publikum dankt’s und hat seinen Moment im Zugabenblock.

Da singt Williams „Angels“. Tausende von Handylichtern blitzen auf, die Halle grölt jedes Wort mit. Und Williams, der mittlerweile nicht mehr den Glitzeranzug, sondern eine Art Bademantel trägt? Wirkt gerührt. Die Band verlässt die Bühne, als die Beleuchtung schon wieder eingeschaltet ist, singt er weiter ins Hallenrund, holt sich noch mal Applaus ab.

Ein kleines Ende. Aber ein großer Abend.

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