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Robert Lambrou, Co-Landesvorsitzender der AfD Hessen, und Bundessprecherin Alice Weidel jubeln über die erste Prognose bei der Landtagswahl in Hessen.

© REUTERS/WOLFGANG RATTAY

Nach Rechtsruck in Bayern und Hessen: AfD-Erfolge erzeugen in Berlin Handlungsdruck

Nach den Wahlerfolgen in Bayern und Hessen träumt Parteichefin Weidel vom Kanzleramt. Die Ampelparteien und die Union sind vor den Landtagswahlen im Osten 2024 alarmiert – gerade in der Migrationspolitik.

Die AfD kann vor Kraft kaum noch laufen – das gilt nach dem Doppelwahltag in Bayern und Hessen erst recht. „Unsere Rekordergebnisse geben unserer Politik recht!“, teilte Parteichefin Alice Weidel am Sonntagabend selbstbewusst mit.

Der Wahlleiter in München verbuchte 14,6 Prozent der Stimmen für die AfD, der in Wiesbaden gar 18,4. So stark wie jetzt in Hessen auf Platz zwei schnitt die in Teilen rechtsextreme Partei noch in keinem westdeutschen Bundesland ab. Und auch in Bayern ließ sie als Drittplatzierte nach der CSU und den Freien Wählern alle in Berlin regierenden Parteien hinter sich.

„Die gesellschaftliche Verankerung der AfD kommt voran“, schrieb die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch mit Blick auf einige Detailergebnisse aus Hessen, wo man unter den Arbeitern 38 Prozent der Stimmen und in kleineren Gemeinden und Städten 22 Prozent habe erringen können: „Das wirkt weit über den Wahltag hinaus.“

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Unter #bereitfuermehr signalisieren Weidel und ihre AfD längst, wohin es gehen soll – an die Macht in den Ländern und im Bund. Vor dem Hintergrund, dass sie in allen drei ostdeutschen Wahlländern des nächsten Jahres die Umfragen aktuell anführt, erklärte Weidel am Sonntagabend, dass die anderen Parteien spätestens dann bei der Regierungsbildung „nicht mehr an uns vorbeikommen“.

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Wie wahrscheinlich ist eine Kanzlerkandidatur der AfD?

Über eine erste Kanzlerkandidatur bei der Bundestagswahl 2025 soll nächstes Jahr entschieden werden. Wenn die AfD dann in Umfragen immer noch vor der Kanzlerpartei SPD liege, könne man daraus durchaus einen solchen Machtanspruch ableiten, erklärte Weidel im ZDF, ohne dass ihr in diesem Punkt ernsthaft hätte widersprochen werden können.

Die Besorgnis darüber hält sich am Sonntagabend noch in Grenzen und geht in den parteipolitischen Analysen unter. „Wichtig ist, dass alle demokratischen Parteien endlich erkennen, wie groß die Gefahr durch die AfD mittlerweile ist“, warnt daher das SPD-Bundesvorstandsmitglied Andreas Stoch aus Baden-Württemberg vor einem weiteren Rechtsruck.

Die demokratischen Parteien dieses Landes werden sich am Riemen reißen müssen, damit die Feinde der Demokratie und der Freiheit nicht weiter gestärkt werden. 

Konstantin von Notz, Grünen-Bundestagsfraktionsvize

Die AfD-Ergebnisse in Bayern und Hessen seien „ein Desaster für unsere Demokratie“, sagt auch Konstantin von Notz, der Grünen-Fraktionsvize in Bundestag, dem Tagesspiegel: „Die demokratischen Parteien dieses Landes werden sich am Riemen reißen müssen, damit die Feinde der Demokratie und der Freiheit nicht weiter gestärkt werden.“

Nach AfD-Erfolg: Ampel und Union mit gegenseitigen Vorwürfen

Dass Regierungsparteien im Bund, auch ehedem die CDU, bei Landtagswahlen oft einen schweren Stand hätten, will von Notz nicht als einzige Erklärung gelten lassen für den doppelten AfD-Erfolg: „Die Ampelkoalitionäre müssen sich fragen lassen, ob sie nicht ein gerütteltes Maß an Mitverantwortung hieran trifft.“ Unklare Kommunikation, offener Streit, Gesetzesberatungen in Dauerschleifen – all das schwäche das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit einer Regierung.

Die gesellschaftliche Verankerung der AfD kommt voran.

Beatrix von Storch, Bundestagsabgeordnete

Aber „auch die Strategie der Union, gegen die demokratischen Mitbewerber von SPD, Grünen und FDP eine dermaßen überzogene und verächtliche Tonlage anzuschlagen, die Maß und Mitte vermissen lässt, ist offensichtlich kein Erfolgsrezept und stärkt nur die Narrative der AfD“, sagte von Notz.

Migration als Schlüsselthema

Einig sind sich die demokratischen Kräfte in diesem Punkt bisher keinesfalls. Der Thüringer CDU-Landeschef Mario Voigt, der im kommenden Jahr Björn Höckes AfD-Landesverband besiegen will, sieht die Verantwortung vor allem bei den Berliner Regierungsparteien.

„Die Union bleibt stabil oder wächst deutlich“, sagt er dem Tagesspiegel zu den Ergebnissen in Bayern und Hessen. „Damit ist auch klar, dass die Ampel der Grund für das Erstarken der AfD ist.“ Gerade die Menschen im Osten hätten „ein feines Sensorium für die falsche Richtung der Bundesregierung“, so Voigt – auch wenn jetzt aus dem Westen nicht mehr mit dem Finger auf sie gezeigt werden könne.

Der Landesparteitag der hessischen AfD zu Beginn diesen Jahres - bei der Landtagswahl erreichte sie mit mehr als 18 Prozent das beste Ergebnis in einem westdeutschen Bundesland.
Der Landesparteitag der hessischen AfD zu Beginn diesen Jahres - bei der Landtagswahl erreichte sie mit mehr als 18 Prozent das beste Ergebnis in einem westdeutschen Bundesland.

© dpa/Swen Pförtner

Spätestens nach diesem Wahlabend jedoch ist klar, dass beim Thema Zuwanderung sehr bald etwas geschehen werden muss. Nicht zuletzt deshalb, weil in Nachwahlbefragungen 59 Prozent der Menschen in Bayern und 53 Prozent derer in Hessen sagten, dass Deutschland die hohe Zahl der Geflüchteten nicht mehr verkraften könne.

„Es braucht ein Umdenken in der Asylpolitik, damit grundsätzlich weniger Menschen zu uns kommen“, so Voigt, dessen Union Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) diesbezüglich bereits eine Zusammenarbeit angeboten hat.

In der Ampel wächst die Bereitschaft dazu. Intern war bereits vor den Wahlen die Rede davon, dass danach ein Schulterschluss mit der Union gesucht werden müsse. „Wir sind nicht blind und taub“, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert am Wahlabend.

Wir müssen jetzt dringend zu gemeinsamen Lösungen in der Migrationspolitik kommen – ohne die Probleme zu überzeichnen, wie das die Union gerne tut, und ohne sie kleinzureden, wie das gelegentlich bei den Grünen der Fall ist.

SPD-Vorstandsmitglied Andreas Stoch

Sein Vorstandskollege Stoch fordert: „Wir müssen jetzt dringend zu gemeinsamen Lösungen in der Migrationspolitik kommen – ohne die Probleme zu überzeichnen, wie das die Union gerne tut, und ohne sie kleinzureden, wie das gelegentlich bei den Grünen der Fall ist“. Die Menschen müssten wieder das Gefühl bekommen, „dass die Politik alles dafür tut, um die Überlastung der Kommunen wieder in den Griff zu bekommen und dass beispielsweise Ausreisepflichtige Deutschland auch wirklich wieder verlassen.“

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai verlangte noch am Sonntagabend ein „ganz neues Verständnis“ der Koalition zu dem Thema: „Da müssen wir uns noch einmal zusammensetzen.“

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