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Kanzler Olaf Scholz mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am 4. November in Peking.

© AFP/Kay Nietfeld/Pool

Exklusiv

„Propaganda begegnen, Einflussnahme verhindern“: Menschenrechts-NGOs richten China-Appell an Bundesregierung

Elf NGOs fordern, Menschenrechtler mehr in die China-Politik einzubeziehen. Zentrale Punkte seien der Schutz von Uiguren, Tibetern, Hongkongern sowie eine Aufwertung Taiwans.

Elf Menschenrechts-NGOs haben sich mit einem China-Positionspapier an die Bundesregierung gewandt. In dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, beklagen sie, die deutsche Politik habe lange nicht auf die Menschenrechtssituation in der Volksrepublik reagiert, die sich „in den vergangenen Jahren massiv verschlechtert“ habe.

Die Organisationen, zu denen Vertreter der uigurischen, tibetischen, Hongkonger und taiwanesischen Exilgemeinde gehören, begrüßen, dass Berlin eine China-Strategie erarbeite.

Sie fordern jedoch eine stärkere Einbindung der Expertise von Menschenrechtlern. „Insbesondere darf die Bundesregierung die Einmischung der KPCh (Kommunistische Partei Chinas, d. Red.) in religiöse Praktiken und die Selbstbestimmung religiöser Gruppen nicht akzeptieren.“

Auf EU-Ebene müsse sich Deutschland für „deutlich umfassendere Sanktionen gegen Personen und Einrichtungen einsetzen, die in Menschenrechtsverbrechen in China verwickelt sind“.

Notwendig seien zudem Transparenzregeln für „die Entgegennahme von Zuwendungen aus China in Politik, Wissenschaft, Medien, Verbänden“, um politisch Verfolgte vor „(semi-)offiziellen chinesischen Akteur*innen“ zu schützen.

Deutschland müsse „Propaganda begegnen, Einflussnahme verhindern“. Berichte über chinesische Auslands-Polizeistationen in mehreren Ländern, auch in Deutschland, hatten zuletzt für heftige Debatten gesorgt. Auch Konfuzius-Institute an deutschen Universitäten stehen seit Langem in der Kritik.

Mit Blick auf Chinas Annexionsdrohungen gegen Taiwan fordern die NGOs eine Aufwertung des demokratischen Inselstaats. „Taiwanischen Spitzenpolitiker*innen aus dem Kreis der bisher de facto gebannten ‚Big Seven‘ muss die Einreise nach Deutschland erlaubt werden.“

Aus Rücksicht auf China pflegen die Spitzen der deutschen Verfassungsorgane (Bundestag, -rat, -präsident, -regierung, -verfassungsgericht) sowie das Außen- und Verteidigungsministerium keinen Kontakt mit Amtskollegen in Taiwan. Umgekehrt, heißt es in dem Schreiben, sollten regelmäßig Bundesminister zum Austausch nach Taiwan reisen. Auch ein Freihandelsabkommen sei erstrebenswert.

Mehr Anreize für den Standort Europa

Zugleich müsse Deutschland seine wirtschaftliche Abhängigkeit vom autokratischen China abbauen. „Die Bundesrepublik Deutschland muss sicherstellen, dass sich die Fehler aus der Russlandpolitik nicht wiederholen.“ Lieferketten sollten diversifiziert, „Anreize zur Standortverlagerung aus China zurück in die EU“ geschaffen werden.

Erforderlich sei auch eine restriktivere Handhabung bei chinesischen Investitionen in Deutschland. Im Oktober hatte der Teilverkauf eines Hamburger Hafenterminals an die chinesische Staatsreederei Cosco Streit innerhalb der Bundesregierung hervorgerufen.

Das Schreiben sei, wie ein Sprecher der Initiative mitteilt, in den vergangenen Tagen an nahezu alle Bundesministerien sowie verschiedene Abgeordnete geschickt worden.

Federführend in der noch nicht final abgestimmten China-Strategie der Bundesregierung ist das Auswärtige Amt. Vergangene Woche wurde zudem bekannt, dass auch das Wirtschaftsministerium eigene China-Leitlinien erarbeitet.

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