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Redhead Days Festival in Tilburg, Netherlands.

© REUTERS/Piroschka Van De Wouw

„Der Erbonkel“: Die versteckte Stärke Rothaariger

Im Mittelalter galten Rothaarige als Hexen, Werwölfe oder Vampire. Blödsinn. Aber eine Besonderheit bringt die seltene Haarfarbe durchaus mit sich.

Eine Kolumne von Sascha Karberg

Rote Locken? Weder väter-, noch mütterlicherseits ist in der Verwandtschaft ein Rotschopf überliefert. Und dennoch waren die gut 3000 frischgeborenen Gramm in der Krippe mit einem orange-roten Flaum garniert, der sich rund 20 Jahre später, zu einem mächtigen, rotgoldenen Krauskopf gemausert hat. Da die Briefträgertheorie auszuschließen ist: Woher kommt die seltene Farbe?

Nur etwa zwei Prozent der Menschen haben rote Haare, so wenige, dass sie vom niederländischen Tilburg jedes Jahr Ende August zum „Redhead Day“ eingeladen werden. Das Hamburger Pendant steht noch aus: am 9. September.

Während braune, blonde und schwarze Haarfarbe von einer ganzen Reihe verschiedener Gene abhängen, wird rotes Haar in rund 80 Prozent der Fälle von Veränderungen in einem einzigen Gen ausgelöst: „MC1R“. Es enthält den Bauplan für eine Art Schalter, der in der Hülle jener Zellen liegt, die für die Färbung von Haut und Haaren zuständig sind, den Melanozyten.

Wird der Schalter von einem Hormon (MSH) betätigt, dann produziert die Zelle Melanin-Farbstoffe, das schwarzbraune Eumelanin und das rötliche Phaeomelanin. Ist der Schalter jedoch verändert, wie bei Rothaarigen der Fall, wird nur wenig Eu-, aber viel Phaeomelanin produziert: Die Haare werden rötlich und die Haut heller. Bei Sonneneinstrahlung bräunt sie kaum nach und schützt entsprechend weniger gegen UV-Strahlung. Das dadurch erhöhte Hautkrebsrisiko kann nur Sonnencreme senken.

Aber Rothaarigkeit hat auch Vorteile, zumindest bei Frauen: Einer Studie zufolge zeigten sie in Nadelstichtests ein geringeres Schmerzempfinden. Erhöhte Temperaturen sollen sie hingegen besser wahrnehmen. Das könnte daran liegen, dass der veränderte MC1R-Schalter auch in Nervenzellen steckt, die am Schmerzempfinden beteiligt sind.

All das gilt aber nur, wenn beide Elternteile das mutierte MC1R-Gen vererbt haben. Denn nur dann prägt sich die Rothaarigkeit aus. Ein „normales“ MC1R-Gen reicht, um blonde, braune oder schwarze Haare dominieren zu lassen. So kann die Veranlagung über Generationen unsichtbar weitergegeben werden. Bis plötzlich ein blasser Rotschopf geboren wird.

Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.

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