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Die italienische Studienleiterin Veronica Nava und Barbara Leoni während der Probenentnahme, wie sie in allen untersuchten Seen stattfand.

© Veronica Nava

Mikroplastik im Stechlinsee: Weltweite Studie findet hohe Belastung

Dass Mikroplastik auch in Seen vorkommt, hat die Forschenden nicht überrascht. Wohl aber, dass der als sauber geltende Stechlin auf Platz vier der Rangliste landete.

Der Stechlin im Norden Brandenburgs ist tief, klar und für seine exzellente Wasserqualität bekannt. Er hat weitgehend natürliche Ufer und liegt inmitten eines idyllischen Buchenwaldes.

Doch jetzt fand eine internationale Studie dort relativ hohe Mikroplastikkonzentrationen in Form von Mikrofasern. „Vermutlich handelt es sich dabei vor allem um Fasern von der Kleidung der Badenden“, vermutet Hans-Peter Grossart vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und Mitautor der Studie. Geleitet wurde die Arbeit von Veronica Nava von der Universität Milano-Bicocca in Italien.

In der Studie, die im Fachjournal „Nature“ erschien, taucht der See in der Rangliste der Plastikkonzentration auf Platz vier von 38 Seen aus aller Welt auf. Allerdings ist der Stechlin das einzige deutsche Gewässer in der Untersuchung. Es ist also gut möglich, dass deutsche Seen in dichter besiedelten Gegenden noch stärker belastet sind. Da es sich um eine Momentaufnahme handelt, sind zeitliche und räumliche Schwankungen des Mikroplastikvorkommens nicht berücksichtigt worden.

Die Forschenden fanden Mikroplastik in allen untersuchten Seen und Stauseen, selbst in entlegenen Gegenden. Sie erwarteten eine hohe Verschmutzung in Seen in dicht besiedelten und städtischen Gebieten sowie in großen Seen und Stauseen mit großen Grundflächen, geringem Durchfluss und starker menschlicher Beeinflussung.

Im Filter der italienischen Studienleiter sind die Plastikteilchen gut sichtbar.

© Veronica Nava

Das Plastik ist überall

Überrascht waren die Forschenden jedoch vom Ausmaß der Verunreinigung in einigen Seen. Die Mikroplastikkonzentrationen variierten von See zu See stark, erreichten oder übertrafen jedoch in den am stärksten belasteten Seen sogar die subtropischen Ozeanwirbel. Das sind die Meeresgebiete, in denen sich große Mengen an Müll sammeln.

Zu den Seen mit der höchsten Mikroplastikbelastung gehören auch einige, die als Trinkwasserquellen genutzt werden, wie der Lago Maggiore in Italien, der Luganer See in der Schweiz und Italien, der Lake Tahoe in den USA und der britische Lake Neagh.

In diesen sehr großen Seen sammelt sich das Plastik, denn das Wasser bleibt dort lange stehen. Es kann hunderte Jahre dauern, bis der Wasserkörper einmal komplett ausgetauscht ist. „Solche Seen fungieren als ,Fallen‘ für Plastik und können im Laufe der Zeit erhebliche Mengen an Mikroplastik ansammeln“, sagt IGB-Forscherin Stella Berger. Mikroplastik wirkt sich negativ auf die Trinkwassernutzung und auf Wasserorganismen aus, und damit auf das Ökosystem. Plastik, das sich an der Oberfläche von Gewässern ansammelt, kann außerdem die Freisetzung von Methan und anderen Treibhausgasen begünstigen. 

Das IGB hat selbst versehentlich zur Plastik-Verschmutzung des Berliner Müggelsees beigetragen. Bei dem Institut mit Sitz in Friedrichshagen sind im Zeitraum zwischen 2015 und 2018 zentimetergroße Kunststoffteile aus dem Filter einer Fischhaltungsanlage am See ausgetreten. Nach Angaben des IGB waren es weniger als ein Kubikmeter Kunststoff. Die Politik hatte das Thema in den folgenden Jahren immer wieder beschäftigt, das Institut bat schließlich öffentlich um Entschuldigung.

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