zum Hauptinhalt
3D-Rekonstruktion des Kiefers einer Roten Waldameise.

© Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels, Museum König Bonn

Scharfe Schnitte: Wie Ameisen bei der OP helfen können

Den Mundwerkzeugen von Ameisen zollen nur wenige Menschen Respekt. Forschende aus Bonn und Brandenburg hingegen nutzen das Wissen über Mandibeln, um Operationstechnik zu verbessern.

Ob Blätter, Beute oder auch mal menschlicher Müll – die Mundwerkzeuge von Ameisen schneiden durch viele Materialien wie durch Butter. Das Besondere an den Mandibeln der Insekten ist aber vor allem ihre Beweglichkeit. Die winzigen Kiefer der Roten Waldameise Formica rufa etwa sind um mehrere Achsen drehbar – eine Eigenschaft, die ein deutsches Forschungsteam jetzt untersucht hat, um die Schneide- und Greifwerkzeuge minimalinvasiver (endoskopischer) Schlüssellochoperationen zu verbessern.

Mit ihren Mandibeln fangen Rote Waldameisen nicht nur Beute und zerkleinern sie, sondern sie können damit auch behutsam ihre Eier transportieren. Die winzigen Werkzeuge entwickeln dabei eine solche Kraft, dass die kaum einen Zentimeter großen Tiere das 40-fache ihres Körpergewichts tragen können.

Ameiseninspiriertes Operationsbesteck

Größtmögliche Beweglichkeit bei gleichzeitig präziser Schnittführung und kräftiger Greiffunktion wären auch für Endoskope wichtig. Der Morphologe Benjamin Wipfler untersuchte daher mit seinem Team vom Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (Museum König) in Bonn die Konstruktion des Ameisenkiefers und entwickelte auf dieser Basis drei Design-Vorschläge für bessere Endoskope.

Vor allem, wenn tief im Körper, in Magen, Darm, Blutgefäßen oder Gebärmutter genäht werden muss, dann müssen die Geräte die Nadeln auf engstem Raum bewegen. Wie die Ameisenmandibeln werden auch die Nadeln von einer Schere gehalten, die dann im Raum in möglichst alle Richtungen bewegt werden muss.

Experimente mit 3D-gedruckten Modellen der Entwürfe brachten eine bis zu 433-prozentige Steigerung der angewandten Kraft, schreibt Wipflers Team im Fachblatt „PNAS“. Den Forschenden zufolge verbessern die ameiseninspirierten Konstruktionsvorschläge auch die Genauigkeit von Schnitten. Dadurch könnten Komplikationen während der Operation verringert werden. Dafür müssen sich die Prototypen allerdings erst noch in klinischen Tests an Patienten beweisen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false