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Chinas Umweltminister Huang Runqiu besiegelte das Abkommen am frühen Morgen des letzten Konferenztags.

© AFP/Lars Hagberg

Durchbruch bei UN-Naturgipfel in Montreal: Beim Klimaschutz geht es nicht ohne China

Nach zäher Verhandlung führt ausgerechnet China eine Einigung zur Artenbewahrung herbei. Das zeigt: Ohne die Volksrepublik gibt es keinen effektiven Naturschutz.

Ein Kommentar von Cornelius Dieckmann

Um halb vier am Montagmorgen Montrealer Zeit schlug das schwache Herz des Multilateralismus doch wieder. Die fast 200 Mitgliedstaaten der UN-Biodiversitätskonferenz COP15 erreichten an deren letztem Tag eine Übereinkunft, an die viele schon nicht mehr geglaubt hatten. Chinas Umweltminister Huang Runqiu, der Konferenzvorsitzende, besiegelte vor 5000 Delegierten das historische Naturabkommen per Hammerschlag.

China als Vermittler, ausgerechnet. Die EU hatte befürchtet, die Volksrepublik würde blockieren, doch der Entwurf, den die chinesische Präsidentschaft am Sonntag vorgelegt hatte, war überraschend ambitioniert. 30 Prozent der weltweiten Meeres- und Landfläche sollen bis 2030 unter Schutz gestellt werden, die reichen Länder den armen jährlich rund 20 Milliarden US-Dollar bis 2025 zur Verfügung stellen.

Umweltschützer halten das aus guten Gründen für ungenügend. Aber man darf zumindest aufatmen, dass ein immer autoritärer werdendes China Interesse daran hat, die Naturzerstörung über Grenzen hinweg einzudämmen. Die UN-Klimakonferenz COP27 in Scharm el Scheich im November war auch deshalb ein Reinfall gewesen, weil Peking sich weigerte, seinen Status als Entwicklungsland aufzugeben, um nicht zahlen zu müssen.

Auf China und die USA kommt es an

Wohl oder übel: Es gibt keinen Klimaschutz ohne das bevölkerungsreichste Land der Erde, das zudem der mit Abstand größte CO₂-Emittent ist. Vor allem aber hat Chinas Wort wegen seiner strategischen Investitionen und geopolitischen Macht großes Gewicht im artenreichen, aber finanziell ärmeren globalen Süden. Dort galt es, viele Staaten zu überreden.

Man kann China Heuchelei vorwerfen, denn seine eigene Bilanz ist schwach. Durch jahrzehntelange Turbo-Industrialisierung und Umweltverschmutzung hat es seine Biodiversität schwer beschädigt. Den durch den Corona-Ausbruch in die Kritik geratenen Wildtierhandel will die Parteidiktatur wieder erlauben.

Der Vorwurf lässt sich aber auch an die USA richten, den einzigen COP15-Teilnehmer, der den entsprechenden UN-Pakt nie unterzeichnet hat. Erinnert sei zudem an die Unzuverlässigkeit der Vereinigten Staaten bei vermeintlichen Erfolgen: Das Pariser Abkommen von 2015 verließ der Klimaleugner Donald Trump prompt, erst sein Nachfolger Joe Biden trat wieder bei.

Es kommt vor allem auf China und die USA an. Im Sommer hatte Peking aus politischen Gründen Klimagespräche mit Washington ausgesetzt – zum Nachteil der Erde. Seit dem Treffen zwischen Xi Jinping und Biden beim G20-Gipfel im November gibt es wieder eine funktionale Annäherung. Das ist gut. Die Gegenwart ist gezeichnet von der Gleichzeitigkeit ihrer Krisen. Ja, China ist eine Gefahr für die liberale Demokratie auf der Welt. Aber die Menschheit ist zugleich eine Gefahr für den Planeten. Naturschutz ist alternativlos, China dabei ebenso.

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