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Steht Brasilien nach dem Erfolg von Lula da Silva auch außenpolitisch vor einer Zeitenwende?

© AFP / Foto: AFP/Caio Guatelli

Wohin steuert Brasilien?: „Die Abhängigkeit von Peking wird immer größer“

Lulas Sieg bei der Präsidentschaftswahl ist für Brasilien eine Zäsur. Gibt es nun auch einen außenpolitischen Kurswechsel? Expertin Claudia Zilla über Handelsmacht und Sanktionen.

Frau Zilla, Brasilien hat trotz des Kriegs gegen die Ukraine nicht mit Russland gebrochen und hält sich mit Sanktionen gegen Moskau zurück. Wird sich das mit einem Präsidenten Lula da Silva ändern?
Das ist eher unwahrscheinlich. In Lateinamerika gibt es eine lange Tradition, Sanktionen abzulehnen. Ich glaube nicht, dass Lula als Linker damit brechen will.

Er hat nie Staaten wegen fehlender Demokratie auf Listen für Strafmaßnahmen gesetzt oder sich dafür ausgesprochen, Länder deshalb aus multilateralen Organisationen auszuschließen. Lula spielt zwar generell nach den Regeln der internationalen Gemeinschaft. Aber er folgt nicht zwingend Europa, den USA oder der Nato und deren Marschrichtung.

Brasilien wird von Russland und von den USA umworben. Was macht den lateinamerikanischen „Riesen“ so interessant?
Rohstoffe spielen eine entscheidende Rolle. Deshalb ist China zum größten Handelspartner aufgestiegen, nicht die USA oder Russland. Peking investiert mittlerweile auch in Brasiliens Infrastruktur und Technologien. Ursprünglich wollte Brasilien mithilfe Chinas lediglich seine Außenpolitik diversifizieren. Doch dabei ist es nicht geblieben – die Abhängigkeit von China wird immer größer.

Claudia Zilla ist Expertin für Brasilien und Lateinamerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik.

© Foto: SWP/Promo

Wie äußert sich die Abhängigkeit?
China ist als Handelspartner auch der wichtigste Abnehmer brasilianischer Exporte. Zugleich baut Peking seinen Einfluss im Finanzbereich aus.

Unter Jair Bolsonaro hat das Land den Anspruch eingebüßt, eine regionale Führungsrolle einzunehmen.

Claudia Zilla von der Stiftung Wissenschaft und Politik

Zum Bündnis der Bric-Staaten, das gut drei Milliarden Menschen repräsentiert, gehört neben Russland, Indien, China und Südafrika auch Brasilien. Ist das Land damit auch Südamerikas Meinungsführer?
Das könnte man nur behaupten, wenn andere lateinamerikanische Staaten Brasiliens Meinung folgen würden. Davon kann aber keine Rede sein.

Unter Jair Bolsonaro hat das Land den Anspruch eingebüßt, eine regionale Führungsrolle einzunehmen. Er hat als Präsident das Engagement seines Landes in der Region drastisch zurückgefahren und so Brasilien isoliert.

Wer Meinungsführer sein will, braucht innenpolitische Stabilität und Wirtschaftswachstum. Beides ist derzeit in Brasilien nicht vorhanden. Darum muss sich Lula erst einmal kümmern.

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