zum Hauptinhalt
Ob am Wannsee oder anderswo: Baden machte Menschen schon immer Spaß – aus evolutionären Gründen?

© Nachlass Hermann Clajus

„Der Erbonkel“: Der Affe, der das Wasser liebt

Jetzt ist vielleicht das letzte Wochenende mit Badewetter in diesem Jahr. Aber warum plantscht der Mensch so gern? Das hat vielleicht mit seiner Herkunft zu tun.

Eine Kolumne von Sascha Karberg

Stundenlang wollen sie im Wasser plantschen, mit den Wellen toben, tauchen, im Wettkampf um die beste Pirouette hineinspringen – Kinder lieben das Wasser. Und daher werden auch an diesem sonnig-warmen Wochenende, vielleicht dem letzten in diesem Jahr, die Familien an die Seen und in die Schwimmbäder pilgern. Um sich in einem Element wohlzufühlen, das in der Evolution des Menschen womöglich eine größere Rolle gespielt hat, als gemeinhin angenommen.

Zwar ist Homo sapiens heute ohne Zweifel ein Landlebewesen, doch einer Hypothese zufolge, erstmals 1960 von dem Meeresbiologen Alister Hardy geäußert, könnte es zu Beginn der Hominiden-Entwicklung eine semiaquatische, halb im Wasser, halb im Land stattfindende Lebensweise gegeben haben.

Demnach seien die ersten Hominiden, vielleicht sogar schon Australophitecus-Frühmenschen wie Lucy vor drei Millionen Jahren, aufrecht gegangen, weil sie zumindest zeitweise durch die Ufergewässer von Flüssen, Seen und Sümpfen wateten, um Muscheln und Krebse zu sammeln oder Fische zu fangen. So erkläre sich auch, warum isolierendes und wärmendes Unterhautfettgewebe beim Menschen vor allem brustabwärts verteilt sei. Ebenso sei der Tauchreflex von Säuglingen – das Atmen zu stoppen, sobald sie ins Wasser fallen – ein Relikt aus dieser Zeit.

Viel Anklang fand Hardys Hypothese bei Anthropologen allerdings nicht. Die meisten sehen keine hinreichenden Beweise dafür. Zwar wurden viele menschliche Fossilien in ehemaligen Flussbetten gefunden, nachweislich aßen verschiedene Hominiden (etwa Neandertaler) auch Fisch und Meeresfrüchte und bei einigen Fossilien wurde ein „Surf-Ohr“ entdeckt – Knochenwucherungen im Gehörgang infolge häufigen Kontaktes mit Wasser. Aber all das lasse sich auch anders erklären.

Wie dem auch sei, die Anziehungskraft des Wassers auf den Menschen ist unbestritten. Eine Studie britischer Forscher etwa zeigt, dass Menschen positiver und entspannter auf Bilder reagieren, auf denen mehr Wasser zu sehen ist. Sie schlussfolgern: „Frühe Menschen, die sich zu aquatischen Umgebungen mit frischem Wasser hingezogen fühlten, hatten möglicherweise eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit als solche, die sich zu nicht aquatischen Umgebungen hingezogen fühlten.“

Eine etwas umständliche Art zu sagen; Geht baden, habt Spaß!

Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false